30. April 2025
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Das Baugewerbe gehört zu den typischen Branchen, in denen viele Arbeitnehmende in prekären Lebenslagen beschäftigt sind – teilweise unter ausbeuterischen Bedingungen.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in prekären Lebenslagen müssen häufig mehr arbeiten als vereinbart oder gesetzlich zulässig, bekommen nicht ihren vollen Lohn ausgezahlt oder müssen gesundheitsgefährdende Tätigkeiten ausführen. Dr. Nikolai Huke von der Universität Hamburg erforscht, warum sie so selten rechtliche Schritte dagegen einleiten und was ihnen dabei helfen könnte. Am 4. April lädt er zu einem thematischen Fachtag ein.
Einerseits gibt es Branchen, die bekannt dafür sind, dass sie Beschäftigte quasi regelhaft ausbeuten: Paketdienste beispielsweise, die häusliche Betreuung oder das Reinigungsgewerbe – die Liste ist lang. Andererseits können sich insbesondere Menschen in prekären Lebenslagen nur schlecht gegen Rechtsverletzungen wehren.
Zu den offensichtlichen Faktoren gehören beispielsweise unzureichende Sprachkenntnisse bei Migrantinnen und Migranten. Dazu kommen weniger offensichtliche. So kennen viele die in Deutschland geltende Rechte gar nicht - oder sie sind so sehr in einem System struktureller Ungleichbehandlung gefangen, dass sie selbst nicht mehr glauben, dass ihnen dieselben Rechte zustehen wie ihren deutschen Kolleginnen und Kollegen. Dazu kommt in Deutschland ein Rechtssystem, das der Ausbeutung ausländischer Arbeitskräfte Tür und Tor öffnet.
In Deutschland sind viele Rechte daran gekoppelt, dass jemand ein Beschäftigungsverhältnis nachweisen kann. Oft hängt die Aufenthaltserlaubnis daran, das Recht auf Familiennachzug oder die Einbürgerung. Dadurch entsteht ein starkes Abhängigkeitsverhältnis. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber drohen Angestellten, die auf ihre Rechte pochen, mit Entlassungen – und das können sich die Beschäftigten nicht leisten. Also arbeiten sie auch dann, wenn sie krank sind, verrichten gefährliche oder besonders schwere Arbeiten, nehmen unbezahlte Überstunden oder einbehaltene Löhne in Kauf.
Beratungsstellen wie Faire Mobilität, Faire Integration oder die Beratungsstellen Arbeit in Nordrhein-Westfalen sind ganz klar ein Gamechanger. Gewerkschaften können ebenfalls helfen, sind aber in den betroffenen Branchen häufig schlecht aufgestellt. Teilweise tauschen sich die Betroffenen auch über soziale Netzwerke aus, etwa mit anderen Beschäftigten aus dem Herkunftsland.
Gut war die Einführung eines Mindestlohns, so gibt es zumindest eine Marke, an der man sich im Fall eines Rechtsstreits orientieren kann. Doch um Arbeitsrechtsverletzungen vorzubeugen, müsste es auch ein effektives Kontrollsystem geben. Derzeit wird die Einhaltung von Arbeitsrechten in der Regel erst dann überprüft, wenn jemand geklagt hat – und aus den genannten Gründen wird der Rechtsweg nur sehr selten beschritten.